Prothesen für Hunde und Katzen
Eine Prothese ersetzt ein Körperteil, das durch eine Erkrankung (Osteosarkom), Verletzung oder nach einer Misshandlung amputiert werden musste. Auch angeborene Fehlbildungen können dazu führen, dass ein Bein nicht vollständig ausgebildet wird. Hier kommt nach abgeschlossenem Wachstum ebenfalls eine Prothese in Frage.
Sowohl Hunde als auch Katzen können mit Prothesen versorgt werden, sofern es die gesundheitliche Verfassung und die Form des Stumpfes erlauben. Auch eine Versorgung mehrerer Beine ist möglich. Je nach Art der Prothese wird sie am vorhandenen Stumpf oder Brustkorb angebracht.
Grundvoraussetzung dabei ist die Akzeptanz des Hilfsmittels durch den Drei-/Zweibeiner.
Jede Prothese ist eine Maßanfertigung und richtet sich ganz nach der individuellen Situation des Tieres. Denn nur eine gut sitzende Prothese wird vom betroffenen Tier akzeptiert und erfüllt ihre Funktion.
Funktion einer Prothese
Ein Hund oder einen Katze mit nur drei Beinen kommen im Alltag oft gut zurecht, indem sie ihren Körperschwerpunkt anpassen. Allerdings werden die Sehnen, Bänder und Gelenke der gesunden Beine durch das veränderte Gangbild schnell überlastet und die unnatürliche Haltung kann schmerzhafte Folgeschäden, wie z.B. Arthrose und Erkrankungen der Bänder, Gelenke und Muskeln (Durchtrittigkeit/Hyperextension, Gelenkstorsion, Muskelverkürzung) oder Verspannungen in der Wirbelsäule, mit sich bringen.
Dabei sind die Auswirkungen eines fehlenden Vorderbeins für Hunde und Katzen weitaus schlimmer als der Verlust eines Hinterlaufs, da sie den Großteil Ihres Körpergewichts mit den Vorderläufen tragen.
Eine individuell angepasste Prothese gleicht das fehlende Bein aus. Dadurch erhält das Tier sein natürlichen Schwerpunkt zurück, Bänder, Gelenke und Sehnen werden entlastet und die Gefahr von Folgeerkrankungen reduziert.
Die Prothese ermöglicht dem betroffenen Tier ein fast normales Gangbild mit einem harmonischen Bewegungsablauf und erleichtert Ihrem Tier das Gehen und Stehen.
Tragedauer der Prothese
Zur Eingewöhnung wird die Prothese zunächst nur für kurze Zeiträume angelegt. Die Dauer wird dann langsam gesteigert. Die meisten Hunde gewöhnen sich schnell an ihre neuen Bewegungsmöglichkeiten. Man merkt ihnen ihre Freude über die wiedergewonnene Selbstständigkeit und Mobilität an. Das Laufen mit einer Prothese ist entspannter und ökonomischer – oft sichtbar an einer deutlichen Fröhlichkeit, wenn der versorgte Hund wieder unbeschwert rennen kann.
Die Prothese wird während der Aktivitätsphasen getragen: Beim Spaziergang, beim Spielen, oder beim Herumschlendern im Garten. Während der Ruhepausen können Sie die Prothese abnehmen. So gelangt immer wieder Luft an den Stumpf und den Körper, und die Haut wird geschont.
Arten von Prothesen
Die Standard-Prothese besteht aus zwei Elementen: Der Weichwandinnentrichter schmiegt sich an den Stumpf an und sorgt für guten Sitz und optimale Passform. Die stabile Oberhülse wird in der passenden Länge gefertigt, um den fehlenden Lauf zu ersetzen. Zwischen Prothesenschaft und Stumpf entsteht beim Anlegen ein Vakuum, das den sicheren Halt der Prothese gewährleistet.
Darüber hinaus kann eine Prothese auch im Zweischalensystem hergestellt werden: Diese Ausführung besteht aus zwei Schalen, die mit Gurten am Stumpf angebracht werden.
Prothesen werden unter anderem aus Karbon, Streifylen oder Hartschaum gefertigt – in Abhängigkeit von Art und Länge des Stumpfs und dem geplantem Einsatz. In Sonderfällen werden Prothesen mit Gelenken hergestellt.
Vollprothesen
Vollprothesen kommen zum Einsatz, wenn ein Tier seinen Vorderlauf komplett verloren hat oder nur noch ein kleiner Stumpf vorhanden ist. Für den Brustbereich des Tieres wird eine Art Korsett – auch 'Brustpanzer' genannt – angefertigt. Daran kann entweder ein Rad oder ein künstlicher Lauf zum Längenausgleich angebracht werden.
Vollprothesen können durch 3D-Druck-Verfahren oder durch Kohlefaser-Technik hergestellt werden.
Mit der Prothese kann Ihr Tier mit etwas Training wieder im 2- und 4-Takt „laufen“ statt wie vorher im 3-Takt. Die Veränderung der Gewichtsverteilung kann sogar bewirken, dass das verbliebene Vorderbein vollständig entlastet wird.
Stumpfschutz
Bei einem kurzen Stumpf kommt als Alternative zur Vollprothese auch ein Stumpfschutz in Frage, um die empfindliche Haut vor Verletzungen zu schützen.
Auch, wenn die normale Prothese abgelegt wird oder während der Wundheilung nach der Amputation, kann der Stumpfschutz getragen werden.
Vorteil: Da er aus Streifyflex gefertigt ist, und nicht ausgeschäumt werden muss, ist er kostengünstig und besonders leicht.
Voraussetzungen für eine Prothese
Schon während der Operation (Amputation) werden die grundlegenden Bedingungen geschaffen, damit die Prothese gut sitzt und funktionell eingesetzt werden kann. Wenn möglich, setzen wir uns gerne mit der behandelnden Tierklinik in Verbindung, um bereits im Voraus wichtige Punkte für die Prothesenversorgung gemeinsam abzusprechen.
Der Hautschnitt wird so geführt, dass die Haut über dem Stumpf später gut vernäht werden kann. Der Tierarzt lässt die Muskeln etwas länger und durchtrennt sie so, dass sie als Polster für den Knochen dienen können. Das Knochenende selbst wird sorgfältig geglättet und in der Form angepasst. Anschließend legt der Tierarzt die Muskeln um das Knochenende herum und vernäht sie. Zum Schluss wird die Haut wieder verschlossen. So entsteht ein gut gepolsterter, solider Stumpf.
Stumpflänge
Grundsätzlich gilt: je länger der erhaltene Bereich des Knochens, desto besser. An einem langen Stumpf kann die Prothese sicher befestigt werden, und das betroffene Tier kann das Bein leichter aktivieren und einsetzen.
Am Vorderbein muss für eine klassische Prothese ein Teil von Elle und Speiche noch vorhanden sein. Wenn die Amputation sogar unterhalb des Karpalgelenks (Vorderfußwurzelgelenk) stattfinden kann, gibt es kaum Schwierigkeiten bei der Prothesenversorgung. Wenn der Stumpf nicht lang genug ist, können wir auch Vollprothesen anfertigen oder ein Stumpfschutz kommt als Alternative in Frage.
Eine Prothese für den Hinterlauf kann angepasst werden, wenn das Tarsalgelenk(Sprunggelenk) erhalten bleibt. Oberhalb des Tarsalgelenks ist aktuell noch keine Prothesenversorgung möglich.
Sollten Sie sich nicht sicher sein, ob bei Ihrem Tier die Versorgung mit einer Prothese möglich ist, kontaktieren Sie uns gerne über unser Formular unter dem Menüpunkt Anfrage stellen.
Hinweis
Die Amputation sollte je nach Fortschritt der Wundheilung mindestens 4-6 Wochen zurückliegen.
Für die Übergangszeit empfehlen wir z.B. einen Stumpfschutz.
Versorgungsablauf bei Prothesen
Im ersten Schritt füllen Sie das Formular unter dem Menüpunkt Anfrage stellen aus. Die abgefragten Vorab-Infos zu Ihrem Tier helfen uns dabei, Sienoch besser beraten zu können.
Bei der anschließenden telefonischen Erstberatung klären wir alle wichtigen Details. Außerdem informieren wir Sie über den Ablauf und die ungefähren Kosten.
Der Termin vor Ort findet in ruhiger, ungestörter Atmosphäre statt. Nach dem ersten Beschnuppern und einer genauen Ganganalyse wird der Gipsabdruck am Stumpf oder am Brustkorb genommen. (Wir verwenden schnell trocknende Gipsbinden!)
Beim zweiten Termin vor Ort treffen wir uns zur Anprobe. Hier wird die passende Höhe für einen korrekten Längenausgleich bestimmt, und der Feinschliff für die Passform vorgenommen.
Die Übergabe der fertigen Prothese erfolgt beim dritten Termin vor Ort. Wir erklären Ihnen alles, was Sie bei der Eingewöhnung und der Nutzung der Prothese beachten sollten.
Im Rahmen der Übergabe erhalten Sie von uns einen Leitfaden für Ihr Hilfsmittel mit allen wichtigen Informationen.
Individuelle Wunschleistungen (gegen Aufpreis)
Wenn Sie weiter weg wohnen
Falls Sie eine weite Anreise zu uns haben und übernachten müssen, können Sie einen Expresstermin mit uns vereinbaren. Das bedeutet, wir reservieren für Sie 1-2 Tage (je nach Hilfsmittel und Aufwand), an denen wir uns ausschließlich um Sie und die Fertigung Ihres Hilfsmittels kümmern. Gerne können wir Ihnen auch tierfreundlicheHotels und Pensionen empfehlen.
Wir kommen zu Ihnen
Falls Sie es nicht einrichten können, persönlich zu uns zu kommen, besteht die Möglichkeit, dass unser Orthopädietechnik-Mechaniker in die behandelnde Tierklinik oder zu Ihnen nach Hause fährt. Diesen Service bieten wir bis zu einer Entfernung von 100 km rund um Fürstenfeldbruck.
Therapieplan
Auf Wunsch kann unser Tierphysiotherapeuten-Team einen Therapieplan für Ihr Tier ausarbeiten.
Passende Pflegeprodukte
Damit die Haut unter der Prothese schön weich und elastisch bleibt und gut mit Feuchtigkeit versorgt wird, können Sie zum Beispiel die HerzensTier Wund(er)schutzcreme auftragen. Wenn Sie Ihrem Liebling sonst noch etwas Gutes tun wollen, massieren Sie die Muskelpartien des Rückens oder des betroffenen Beins mit unserer Faszienrolle.
Übrigens
Auch wenn die Prothese fertiggestellt ist, sind wir gerne für Sie und Ihre Fragen da. Rufen Sie uns einfach an oder schreiben Sie uns! Wir freuen uns auch über Fotos oder Berichte, wie es ihrem vierbeinigen Liebling mit seiner Prothese geht, und welche Abenteuer er damit erlebt.